19. – 20. Februar 2025 | Messe Dortmund

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Predictive Maintenance – Modellbau für Instandhalter

Predictive Maintenance verhindert, dass Maschinen ausfallen und Produktionsstillstände horrende Kosten verursachen. Dazu muss die eingesetzte Künstliche Intelligenz den optimalen Zustand einer Maschine kennen. Diesen bildet ein Datenmodell ab. So entsteht dieses.

Die Zahlen sind schwindelerregend: 532.000 US-Dollar Schaden entstehen Industrieunternehmen im Schnitt, wenn eine Produktionsanlage nur eine Stunde lang ausfällt. Das ergab eine aktuelle Untersuchung der Betriebsstörungen bei 72 multinationalen Konzernen durch den Spezialisten für Predictive Maintenance, Senseye. Eine Untersuchung der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen zu Maschinenausfällen in der Automobilindustrie kommt zu einem noch erschreckenderen Ergebnis. Stehen dort die Bänder still, schlägt das im Schnitt jede Minute mit 20.000 Euro – also 1,2 Millionen Euro pro Stunde – zu Buche.

Der Großteil des Schadens entsteht, weil der Stillstand die Produktionsplanung der Betriebe aus dem Takt bringt. Unternehmen können dann Liefertermine nicht halten. Konventionalstrafen fallen an. Eine eingeführte Marke nimmt Schaden. Millionenschwere Investitionen in Maschinen und Anlagen amortisieren sich nicht wie geplant.

Um dies zu verhindern, setzen sieben von zehn der von Senseye befragten Konzerne auf Predictive Maintenance. Denn wenn Maschinen gewartet werden, bevor sie ausfallen, und das zu Zeiten, in denen dies den Betrieb am wenigsten stört, steigt die Verfügbarkeit von Produktionsanlagen um bis zu 15 Prozent, hat die Unternehmensberatung McKinsey berechnet. Die durch die Wartung verursachten Kosten sinken um bis zu einem Viertel.

Algorithmen – Schlaue Orakel des Maschinenzustands

Möglich wird dies, weil bei der vorausschauenden Wartung Algorithmen Daten zum aktuellen Zustand einer Maschine oder Anlage kontinuierlich mit einem Modell abgleichen, das darstellt, wie sich deren Komponenten und die auf ihr ablaufenden Prozesse verhalten sollen. Im einfachsten Fall erkennt ein auf der Maschinensteuerung laufender Algorithmus, wann und wie oft in einem festgelegten Zeitraum definierte Grenzwerte etwa für die Öltemperatur, oder das Drehmoment des Motors der Maschine überschritten werden. Daraus lässt sich vorhersagen, wann Instandhalter die Komponenten austauschen oder warten müssen, damit diese nicht ausfallen.

Eine echte Predictive-Maintenance-Lösung auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) kann allerdings noch weit mehr. Bei ihr erlernt ein Algorithmus, wie einzelne Betriebsparameter wie die Abdrängung des Werkzeugs oder Bauteils auf einem Frästisch, die Rotationsgeschwindigkeit des Fräskopfs, sein Drehmoment, Anpressdruck Verschleißzustand oder einzelne Baugruppen einer Maschine wie Motor, Lager und Getriebe sich gegenseitig beeinflussen.

Aus den an ihn übermittelten Daten erkennt der Algorithmus, wenn das Zusammenspiel solcher Einflussgrößen vom definierten „Normalverhalten“ der Maschine abweicht. Stellt sie Anomalien fest, klassifiziert KI diese und erkennt, um welchen Fehler es sich handelt. Außerdem ist sie in der Lage, den Trend zu ermitteln, der einer bestimmten Datenreihe zugrunde liegt und so vorherzusagen, wann ein bestimmtes Ereignis eintreten wird – etwa eine Pumpe ausfällt oder ein Radlager ausgeschlagen sein wird.

Ohne Datenmodell keine Predictive Maintenance

In beiden Fällen muss der Algorithmus Daten, die ihm in der Maschine oder Anlage verbaute Sensoren übermitteln, mit einem Modell des optimalen Zustandes beziehungsweise Verhaltens der Maschine abgleichen. „Dieses muss also die Daten zu einem Fertigungsprozess oder dem Zustand der Maschine enthalten, die Produktionsleiter und Maschinenführer als besonders wichtig definiert haben. Außerdem werden in weiterer Folge Regeln dazu festgelegt, wann der Verschleiß eines Werkzeugs oder Bauteils so weit fortgeschritten ist, dass sie gewartet oder ausgetauscht werden müssen, weil sonst ein Ausfall der Maschine droht, oder der Fertigungsprozess nicht mehr zu einwandfreien Ergebnissen führt“, ergänzt Dr. Robin Kühnast-Benedikt Leiter des Produktmanagements bei der BOOM Software AG, einem Hersteller von Produktions- und Instandhaltungsmanagement-Software aus Leibnitz südlich von Graz.

Nur mit dem Erfahrungswissen der Instandhalter entsteht ein gutes Modell

Weder der optimale Zustand einer Maschine, noch das von ihr geforderte Verhalten lassen sich aus physikalischen Axiomen ableiten. Vielmehr hängen sie davon ab, welche Leistung von dem Gerät unter welchen Bedingungen erwartet wird. Dieses Ziel muss daher bei der Erstellung eines Modells in einem ersten Arbeitsschritt festgelegt werden. „Da Predictive Maintenance den Schaden abwenden soll, der durch den Ausfall von Anlagen entsteht, müssen Unternehmen zunächst definieren, wie kritisch der Stillstand welcher Maschinen für ihre Fertigungsprozesse ist“, ergänzt Kühnast-Benedikt. Nur dann können sie auch entscheiden, ob die zu implementierende Predictive-Maintenance-Lösung Ausfälle zu hundert Prozent sicher vorhersagen muss, oder eine geringere Prognosequalität ausreicht.

Um diese Fragen beantworten zu können, müssen neben dem Produktmanagement, Vertrieb und dem für die Beschaffung von Ersatzteilen zuständigen Einkauf in dieser Projektphase auch die Mitarbeiter aus der operativen Instandhaltung und die Experten für die Fertigungsprozesse im Unternehmen an den Tisch, fordert Robin Kühnast-Benedikt. „Sie kennen die kritischen Bauteile der von ihnen betreuten Maschinen. Nur sie wissen auch, wann diese optimal laufen“, so der Experte.

Ohne Daten keine Predictive Maintenance

Anschließend legen Datenwissenschaftler und KI-Experten fest, welche Daten sie brauchen, um die definierten Ziele erreichen zu können. Idealerweise können sie dazu bereits auf Messwerte aus der Vergangenheit zugreifen. Fehlen diese, müssen unter Umständen Sensoren verbaut werden, die die benötigten Informationen sammeln. „Der Zeitraum über den Daten vorliegen sollten, sollte dabei generell so lange sein, dass die entsprechende Maschine oder Anlage in dieser Zeit alle für sie typischen Betriebszustände wenigstens ein Mal durchläuft. Dokumentiert werden sollten dabei zu verschiedenen Zeitpunkten möglichst alle Sensorwerte zu der Anlage“, erklärt Nils André Treiber, Data Scientist und Berater für KI bei BTC Business Technology Consulting in Oldenburg.

Maschinenführer und Instandhalter sollten in dieser Phase zudem dokumentieren, was ihnen am Verhalten der Maschine oder Anlage zu bestimmten Zeitpunkten auffällt. „Ihre Beobachtungen können sie manuell über mobile Endgeräte in die Datenbank eintragen, in der auch die Messwerte der Sensoren der Maschine geführt werden“, ergänzt Treibers Kollege Thomas Weimar. Er ist Senior Manager Teams bei BTC. Wichtig sei nur, dass die Informationen möglichst ohne Verzögerung eingegeben würden und belastbar sind. Maschinenführer sollten daher nur Vorfälle dokumentieren, bei denen sie sich absolut sicher sind, etwas Außergewöhnliches beobachtet zu haben.

Das Daten-Modell muss Verschleiß erkennen und ihm vorbeugen

Denn nur wenn sich diese Informationen eindeutig den von den Sensoren gemessenen Daten zuordnen lassen, können Datenwissenschaftler aus ihnen ebenso wie aus der Dokumentation einer nach der Beobachtung eventuell durchgeführten Reparatur oder Wartungsmaßnahme ablesen, welche Auffälligkeiten bestimmte Datenreihen etwa zum Temperaturverlauf, Stromverbrauch oder der Drehzahl eines Motors auf kritische Ereignisse wie den Ausfall von Kugellagern oder Achsen hindeuten. Dieses Verständnis brauchen die Datenwissenschaftler, um sie im von ihnen zu erstellenden Modell als Regel dafür hinterlegen zu können, wann die KI eine Meldung zur vorausschauenden Wartung der entsprechenden Komponenten ausgeben muss.

Genau darum geht es schließlich bei vorausschauender Instandhaltung. „Auch wenn ein Modell den Zustand beschreibt, in dem sich eine Maschine befinden soll, ist das eigentlich Interessante und Wichtige ihr dynamisches Verhalten unter bestimmten Betriebsbedingungen“, erklärt Robin Kühnast-Benedikt von BOOM Software. Je besser Instandhalter verstehen, weshalb, wie schnell oder langsam, sprunghaft oder graduell sich der optimale Zustand einer Maschine oder Anlage verändere, desto besser könnten sie deren Funktionalität dauerhaft erhalten, so der Fachmann.

Bei der vorausschauenden Wartung hilft ihnen KI diese Kernaufgabe der Instandhaltung besser zu erfüllen. Dann stehen Anlagen und Fertigungsprozesse nicht mehr still. Unternehmen sparen sich dadurch, wie die Senseye-Studie ergab, bis zu 172 Millionen Dollar pro Fabrik und Jahr.

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