Auf der 1978 veröffentlichten LP der Elektromusik-Pioniere Kraftwerk erschien auch das Lied ‚Die Roboter‘, auf dem die fast schon prophetischen Zeilen ‚Wir funktionier’n: Automatik. Jetzt woll’n wir tanzen: Me’kanik‘: Weiter ist dort zu hören ‚Wir sind auch alle programmiert. Und was du willst, wird ausgeführt‘. Als offizielles Geburtsjahr des ersten Roboters in der Fabrikautomatisierung ist das Jahr 1961 zu nennen, als der Roboter Unimate des Unternehmens Joseph F. Engelberger Unimation in der Autofertigung bei Ford seinen Dienst aufnahm. Heute, also 47 Jahre später, verzeichnet der neue World-Robotics-Report des International Federation of Robotics einen operativen Rekordbestand von 4.281.585 Industrie-Robotern in den Fabriken weltweit. Das ist ein Plus von 10 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der 2023 neu installierten Einheiten übertraf das dritte Jahr in Folge die Marke von einer halben Millionen Stück. Nach Regionen aufgeschlüsselt wurden in Asien 70 % aller neuen Roboter installiert. Auf Europa entfällt ein Marktanteil von 17 % und auf Amerika von 10 %.
Was nun den Anteil der Cobots oder kollaborierenden Robotern an dieser Megamarke betrifft, gibt ebenfalls die IFR Auskunft: Als die IFR-Statistik für kollaborative Roboter im Jahr 2017 begann, hatten diese einen Marktanteil von nur 2,8 %. Seitdem hat sich das verfügbare Produktportfolio auf dem Markt kontinuierlich erweitert. Im Jahr 2022 wuchs die Zahl der neu eingesetzten kollaborativen Roboter überdurchschnittlich um 39 % auf 57.966 Einheiten, was einem Marktanteil von 10,5 % entspricht. Im Jahr 2023 schrumpfte der Cobot-Markt – zum ersten Mal seit Beginn der IFR-Cobot-Statistik. Die Zahl der neu eingesetzten Cobots ging um 2 % auf 57.040 Einheiten zurück, hält aber immer noch ihren Anteil von 10,5 % des gesamten Industrierobotermarktes.
Cobots:
Cobots oder kollaborative Industrieroboter – deren Karriere in der Mitte der 90er startete – sind Roboter mit leistungsbegrenzenden und kraftbegrenzenden Funktionen, die dazu bestimmt sind, Aufgaben in Zusammenarbeit mit Arbeitern in industriellen Sektoren auszuführen. Kollaborative Anwendungen stehen im Gegensatz zu traditionellen Industrieroboteranwendungen, bei denen die Roboter hinter Zäunen oder anderen Schutzbarrieren von menschlichem Kontakt isoliert sind. Quelle: IFR
Instandhaltungsaufgaben sind sehr individuelle und komplexe Aufgaben
Spezielle Zahlen für Cobots in Wartung und Instandhaltung, also Roboter, die miteinander kooperieren, Technikern bei wiederkehrenden Tätigkeiten helfen und dadurch die Leistungsfähigkeit erhöhen, gibt es nicht. Doch eines zeichnet sich schon heute ab – nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels: Kollege Roboter und humanoide Roboter werden immer mehr in Wartung und Instandhaltung eingesetzt, um die Arbeitsbelastung zu verringern, die Effizienz zu steigern und um auch das fehlende Fachpersonal zu ersetzen, dazu Dr.-Ing. Christopher Schneider, Cobot Business Coordinator EMEA bei Yaskawa Europe GmbH, Robotics Division: “Instandhaltungs- und Wartungsaufgaben sind sehr individuelle und komplexe Aufgaben, deren Automatisierungsgrad noch vergleichsweise gering ist. Durch den demografischen Wandel und den bestehenden Fachkräftemangel sind hier Nachwuchskräfte ebenfalls rar. Durch die neuen Möglichkeiten im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Kombination mit Robotik können diese Aufgaben, die vor allem Hand-Auge-Koordination benötigen, zunehmend automatisiert werden.“
Continental ist hier ein gutes Beispiel für die Änderungen, die seit Jahren in der Industrie stattfinden. Als ein führendes Unternehmen in der Automobilindustrie entschied sich Continental 2016 dafür, mehrere UR10 Cobots von Universal Robots zu anzuschaffen, um nicht nur die Herstellung und Handhabung von Leiterplatten zu automatisieren, sondern auch um die Umrüstung zu optimieren. Diese erfolgte dank der Cobots von UR um 50 % schneller, sie konnte damals von bisher 40 Minuten bei manueller Ausführung auf 20 Minuten gesenkt werden.

Dr.-Ing. Christopher Schneider: “Instandhaltungs- und Wartungsaufgaben sind sehr individuelle und komplexe Aufgaben, deren Automatisierungsgrad noch vergleichsweise gering ist. Durch den demografischen Wandel und den bestehenden Fachkräftemangel sind hier Nachwuchskräfte ebenfalls rar. Durch die neuen Möglichkeiten im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Kombination mit Robotik können diese Aufgaben, die vor allem Hand-Auge-Koordination benötigen, zunehmend automatisiert werden.“ Bild: Yaskawa
Cobots für Reparatur- und Inspektionsaufgaben oder Roboterschweißen
Für robotische Instandhaltungsprozesse kommen ganz unterschiedliche Arten von Cobots und Robotern zum Einsatz, abhängig von der Anwendung und den Anforderungen hinsichtlich Reichweite, Traglast sowie geforderten Mensch-Roboter-Interaktionsgrad. Für den schutzzaunlosen Betrieb können entweder kollaborative Roboter oder klassische Industrieroboter mit extra Sicherheits-Sensorik genutzt werden. „Im Bereich der Cobots sind das die HC-Cobots in verschiedenen Größen von 10 bis 30 Kilogramm Traglast“, sagt Dr.-Ing. Christopher Schneider. „Als Industrieroboter werden vorzugsweise die GP (General Purpose) Handling Roboter oder AR (Arc Welding) Schweißroboter eingesetzt. Die Anwendungen sind ebenso unterschiedlich wie die Robotermodelle selbst: automatisierte Instandhaltungsprozesse umfassen auch Reparaturaufgaben, Inspektionsaufgaben oder Roboterschweißen.“

Für robotische Instandhaltungsprozesse kommen ganz unterschiedliche Arten von Cobots und Robotern zum Einsatz, abhängig von der Anwendung und den Anforderungen hinsichtlich Reichweite, Traglast sowie geforderten Mensch-Roboter-Interaktionsgrad. Im Bild zu sehen ist eine Cobot der HC-Serie von Yaskawa. Bild Yaskawa
Laut IFR ist die Kooperation von Mensch und Roboter nach wie vor ein bedeutender Trend in der Robotik. Die schnellen Entwicklungen in Sensoren, Bildverarbeitungstechnologien und intelligenten Greifern ermöglichen es Robotern, auf Veränderungen in ihrer Umgebung in Echtzeit zu reagieren. Damit ist es ihnen sicher möglich, neben Menschen zu arbeiten. Dadurch können weitere Schutzzäune entfallen.
Cobots im Remanufacturing
HC-Cobots von Yaskawa werden beispielsweise im Remanufacturing von Komponenten eingesetzt: gebrauchte Geräte werden wieder auf den Qualitätszustand eines Neugerätes aufgearbeitet. Dabei unterstützt der Roboter vor allem in den Arbeitsschritten Reinigen, Demontage und Montage. Benutzte Tonerkartuschen können so geleert, gereinigt und wieder befüllt und Automobil-Komponenten automatisiert abgedichtet werden.

2008 verkaufte Universal Robots den weltweit ersten kollaborierenden Roboter oder Cobot, wie sie heute genannt werden – lange bevor der Begriff für diese aufstrebende Klasse von Robotern weit verbreitet war. Das erste Exemplar des UR-Modells ging an Linatex, ein dänischer Zulieferer von technischen Kunststoffen und Kautschuk für industrielle Anwendungen. Bild: Universal Robots
Palettenreparatur mit Handling-Industrierobotern
„Im Logistikbereich helfen GP-Industrieroboter bei der Instandhaltung und Reparatur von Holz-Paletten“, erläutert Yaskawa-Experte Schneider. „In Palettenreparaturzentren arbeiten mehrere solcher Roboter zusammen, um schwere Paletten anzuheben und zu transportieren, automatisiert Sägen und Nagelmaschinen zu bestücken und Klebeaufgaben durchzuführen.“ Selbst schadhafte Bretter und Klötze einer Europalette können mithilfe von Robotern entfernt werden. Somit können alte Holzpaletten für den Logistikbetrieb weiterhin verwendet werden.
Instandhaltung von Bahngleisen mit Schweißrobotern
Eine der häufigsten Aufgaben in der Schienennetzinstandhaltung sind Reparatur-Schweißarbeiten an defekten Gleisweichen. „Mithilfe einer mobilen Laserschweißlösung, bestehend aus Roboterarm und Schweißoptik, können Gleise flexibel auf der Bahnstrecke repariert werden“, so Cobot-Experte Schneider.
Vorteile von Cobots in der Instandhaltung
Zunächst verbessern Cobots und Industrieroboter die Effizienz und Qualität von Wartungsverfahren: Wartungsverfahren können schneller und in gleichbleibender Qualität durchgeführt werden (insbesondere beim Schweißen). „Weiterhin werden Ergonomie und Arbeitssicherheit erhöht, indem unergonomische Arbeitspositionen und schwere Hebearbeiten vermieden werden sowie gefährliche Arbeiten beim Reinigen oder in der Demontage automatisiert ablaufen“, so Dr.-Ing. Christopher Schneider. Aufgrund ihrer eingebauten Sensorik haben Cobots zudem die Möglichkeit, in unmittelbarer Nähe oder direkt mit den Mitarbeitern zu interagieren und diese zu unterstützen.
Mobile Wartungs- und Inspektionsaufgaben
Kollaborative und klassisch-industrielle Roboter können aber auch auf mobilen Plattformen installiert werden, um ortsflexibel in der Fabrik Wartungs- und Instandhaltungsaufgaben durchzuführen. Mithilfe modernster Kameratechnik und intelligenten Algorithmen können bildbasierte Inspektionen an Maschinen und Bauteilen automatisiert durchgeführt werden. An dieser Stelle kommen auch die schon lange für Inspektionsaufgaben bekannten humanoiden Roboter der Unternehmen Boston Dynamics und Any Robotics ins Spiel. Das Portfolio wta von Boston Dynamics umfasst heute drei Roboter: Spot, ein Vierbeiner, der industrielle Inspektionen für das Asset Management in Unternehmen durchführt; Stretch, ein Roboter, der Kisten bewegt und derzeit bei Logistik- und Einzelhandelskunden eingesetzt wird; und Atlas, die zweibeinige Forschungs- und Entwicklungsplattform.
Repetitive Inspektionsrunden und Zustandskontrollen
Der Inspektionsroboter und Wachhund ANYmal von ANYbotics vereint etwa viele Aspekte, die für ein modernes Berufsbild ‚Technische Servicekraft Wartung & Instandhaltung’ relevant sein dürften. Die derzeitige Generation des ANYbotics-Roboters ist auf Inspektion von industriellen Anlagen spezialisiert, vor allem in den Bereichen Chemie, Metall und Energie. Am besten genutzt wird der Roboter dort, wo es gefährlich oder unangenehm für Personal ist oder wo es schwierig ist hinzukommen. Der Roboter macht nach einer initialen Konfiguration repetitive Inspektionsrunden und kontrolliert damit den Zustand der industriellen Anlage. Basierend auf den präzisen und regelmäßigen Daten können Wartungsarbeiten frühzeitig geplant oder auch hinausgeschoben werden. Heute schon erledigt ANYmal auf seinen Rundgängen Aufgaben wie Inspektion von Anlagen und Maschinen (visuell), Früherkennung von Anomalien (thermografisch) und Lecks (gassensorisch) sowie Erfassung und Aktualisierung des 3D Modells (Digital Twin) der Anlage.

Roboterhund ANYmal macht nach einer initialen Konfiguration repetitive Inspektionsrunden und kontrolliert damit den Zustand der industriellen Anlage. Basierend auf den präzisen und regelmäßigen Daten können Wartungsarbeiten frühzeitig geplant oder auch hinausgeschoben werden. Bild: ANYbotics
Das bringt die Cobot-Zukunft
KI-gestützte Roboter werden mit ihren neuen Fähigkeiten völlig neue Anwendungsbereiche in der Wartung und Instandhaltung eröffnen, die eine höhere Selbstständigkeit und Intelligenz erfordern. In der Zukunft werden sich Roboter intelligent und eigenständig an die Arbeitsumgebung und die erforderlichen Aufgaben anpassen und komplexere Aufgaben mithilfe von sogenannten Skills lösen, dazu Dr.-Ing. Christopher Schneider, Yaskawa: „Durch die zunehmende Integration neuer Technologien, wie Objekterkennung und autonomer Pfadplanung sowie und die ständige Vereinfachung der Bedienung werden Roboter schrittweise immer neue Teilschritte in der Instandhaltung übernehmen. Mit kollaborativen Robotern, die direkt mit dem Menschen zusammenarbeiten können, lassen sich völlig neue Aufgabenaufteilungen zwischen Mitarbeitenden und Roboter ermöglichen.“ Auf diese Weise lassen sich also die kognitiven Fähigkeiten und Erfahrungen eines Menschen bestmöglich mit den automatisierten Stärken des Roboters am Arbeitsplatz kombinieren.